Von Beginn an stand die wissenschaftliche Befassung mit Zukunftsfragen in der DDR in einem Spannungsverhältnis zur staatstragenden Ideologie, gemäß der die kommunistische Zukunft bereits feststand. In den 1960er-Jahren kam es zu einer temporären Etablierung der Prognostik, die sich in scharfem Gegensatz zur „spätkapitalistischen“ Futurologie begriff. Hintergrund waren die Bemühungen der Parteiführung, die Wirtschaft der DDR durch wissenschaftlich-technischen Fortschritt zu dynamisieren (Neues ökonomisches System der Planung und Leitung), wobei auch auf die Kybernetik zurückgegriffen wurde. Diese Ansätze wurden jedoch nach dem Ende der Ulbricht-Ära zurückgenommen. Als in den 1980er-Jahren das offizielle Perspektivbewusstsein erodierte, war für Zukunftsforschung kein Raum mehr; das Zukunftsdenken verlagerte sich in die Dissidentenbewegung. In dem Beitrag “The Rise and Decline of Prognostics. Futures Studies, Ideology and the Sociology of Knowledge in the German Democratic Republic”, der in der Zeitschrift The American Sociologist, stellt Karlheinz Steinmüller das wechselvolle Schicksal der Prognostik unter der Perspektive der Expertenkultur dar. Der englischsprachige Text kann in view-only version unter einem SharedIt link eingesehen werden.

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